Funktion eines Automatikgetriebes

In den meisten Automatikgetrieben ist heutzutage ein sogenannter Ravigneaux-Satz verbaut. Damit schaltet der Automat zwischen vier Gängen und einem Rückwärtsgang. Damit die Kraft vom Motor auf den Antrieb der Fahrzeugräder übertragen werden kann, kommen im Automatikgetriebe ein sogenannter Drehmomentwandler und  Lamellenkupplungen sowie Bremsbänder bzw. Lamellenbremsen zum Einsatz. Mit Hilfe von Schaltprogrammen, elektronischer Steuerung und Magnetventilen werden die Gänge im Ravigneaux-Satz geschaltet. Das 4-Gang-Automatikgetriebe kann durch weitere Planetenradsätze ergänzt werden, so dass zwischen bis zu neun Gängen gewechselt werden kann.

Aufbau und Funktion eines Ravigneaux-Satzes

Der Ravigneaux-Satz besteht aus zwei Sonnenrädern, zwei Planetenradsätzen und einem Hohlrad. Das kleinere Sonnenrad ist mittig platziert und wird über eine Hohlwelle geführt. Drei kleinere Räder, sogenannte Planetenräder, greifen in das kleine Sonnenrad sowie in die Planetenräder des zweiten, großen Sonnenrades, das wiederum über die Hohlwelle mit  dem kleinen Sonnenrad verbunden ist. Das Hohlrad umschließt beide Radsätze. Die Kraftübertragung an das Hohlrad geschieht über die Planetenräder des großen Sonnenrades, der Abtrieb vom Hohlrad an die Antriebs-räder. Alle sechs Planetenräder sind mit einem einzigen Planetenradträger verbunden. Durch diesen Träger können die Planetenräder fixiert oder die Antriebskraft direkt auf das Hohlrad übertragen werden. Das Schalten der Gänge geschieht indem bestimmte Zahnräder und Teile festgehalten und verbunden werden. Dadurch wird die Antriebskraft vom Motor auf unterschiedliche Weise an die Fahrzeugräder weitergeleitet.

 

Diese Animation veranschaulicht Aufbau und Funktionsweise des Ravigneaux-Satzes:

Anders als in der vereinfachten Animation dargestellt, sind die Zahnräder schräg angeordnet, d.h. zumeist in einem 45° Winkel zur Rotationsachse. Dadurch werden die Reibungsverluste beim Ineinandergreifen der Räder so gering wie möglich gehalten. Außerdem verschleißen die Zähne nicht so schnell – vorausgesetzt, dass ausreichend Öl im Getriebe vorhanden ist.

Was passiert im Drehmomentwandler?

Der hydrodynamische Drehmomentwandler besteht aus einem Pumpenrad, einem Turbinenrad sowie einem Leitrad in der Mitte. Diese Teile sind in einem Gehäuse untergebracht, das mit Öl gefüllt ist. Des Weiteren sind eine Kupplung und eine Welle daran beteiligt, die Kraft vom Motor an das Getriebe weiterzuleiten. Im Drehmomentwandler wird mechanische Energie (Motorkraft in Drehbewegung des Pumpenrads) in Strömungsenergie (Ölbeschleunigung im Wandler) und diese wiederum in mechanische Energie (an das Getriebe und weiter an die Räder des Fahrzeugs) umgewandelt.

 

Der Vorgang im Einzelnen:

Das Pumpenrad wird vom Motor angetrieben und ist mit Öl gefüllt. Die geneigten Schaufeln im Inneren des Rades übertragen die Kraft durch Drehung auf das Öl. Dieses unterliegt der Zentrifugalkraft und wird nach außen gedrückt. Mit zunehmender Drehzahl steigt – durch die Fliehkraft – der Druck. 

Diese Strömungsenergie wird vom Turbinenrad aufgenommen, das dem Pumpenrad gegenüber angeordnet und im Grunde ein seitenverkehrtes Pumpenrad ist, mit Schaufeln in umgekehrter Neigung. Dadurch wird das Öl von außen nach innen transportiert und zurück an das Pumpenrad geleitet. In diesem Ölkreislauf wird noch kein Drehmoment gewandelt; man würde von einer Föttinger-Kupplung sprechen. Damit sich das Drehmoment wandelt ist das Leitrad erforderlich, das sich zwischen Pumpen- und Turbinenrad befindet. Es verursacht mit seinen um 90° geneigten Schaufeln einen Rückstau des Öls, sodass sich das Drehmoment am Turbinenrad vergrößert.

 

Es lassen sich drei Betriebs-Phasen im Drehmomentwandler unterscheiden:

  1. In Phase 1 steht das Fahrzeug z.B. an einer Ampel: der Motor läuft, die Bremse ist vom Fahrer gehalten. In dieser Phase dreht sich das Pumpenrad, nicht aber das Turbinenrad.
  2. Phase 2 betrifft das Anfahren: die Bremse wird gelöst, das Gaspedal betätigt. Das Pumpenrad weist eine hohe Drehzahl auf, deutlich höher als die des Turbinenrades. Dies ist gewollt und durch den Öl-Stau im Leitrad bedingt. Das Drehmoment hingegen ist höher im Turbinenrad.
  3. In Phase 3 ist das Fahrzeug mit erhöhter Geschwindigkeit unterwegs. Dabei verbindet die Kupplung das Pumpen- mit dem Turbinenrad, Drehzahl und -moment sind nun genau gleich. Das Leitrad dreht sich mit und der gesamte Block läuft um. Die Kraftübertragung geschieht nicht länger über den Ölstrom, sondern direkt vom Motor auf die Welle, die vom Turbinenrad zum Getriebe führt. Dadurch ist der Wirkungsgrad deutlich höher als über den Ölstrom beim Anfahren.

Hier sehen Sie wie ein hydrodynamischer Drehmomentwandler konstruiert ist:


Funktionsweise der Mehrscheibenkupplungen

Die Aufgabe der Kupplung ist es, das Getriebe vom Motor zu trennen, wenn zwischen den Gängen geschaltet wird. In Automatikgetrieben kommen Mehrscheibenkupp-lungen zum Einsatz, die sich zwischen Drehmomentwandler und Ravigneaux-Satz befinden. Im Unterschied zu einer Einscheibentrockenkupplung wird die Anpresskraft auf mehrere Reibflächen verteilt. Die Innenlamellen sind in Reihe angeordnet, mit einer Welle fest verbunden und mit Reibbelägen versehen, um die Reibwerte zu erhöhen. Zwischen den Innenlamellen befinden sich Außenlamellen, die mit dem sie umgebenden Kupplungskorb nach außen durch Aussparungen drehfest verbunden sind. Innen- und Außenlamellen zusammen werden Lamellenpaket genannt. Sind Innen- und Außenlamellen kraftschlüssig miteinander verbunden, bewirkt die Drehung der Innenlamellen eine Drehung der Außenlamellen und umgekehrt. Die Verbindung des Lamellenpaketes wird durch Betätigung einer Druckstange über eine Druckplatte auf Kupplungsfedern gelöst, sodass Getriebe- und Motordrehzahl voneinander getrennt werden.

 

Hier sehen Sie wie Lamellenkupplungen aufgebaut sind:

Die Steuerung des Automatikgetriebes

Räder, Motor, Ravigneaux-Satz, Drehwandler und Lamellenkupplungen allein bringen noch kein Auto in Bewegung. Im Unterschied zu einem Fahrzeug mit Schaltgetriebe, spielt die elektronische Steuerung in  Pkws mit Automatikgetriebe eine entscheidende Rolle.

 

Wodurch also wird der Betrieb der einzelnen Teile so aufeinander abgestimmt, dass das Getriebe „weiß“ wie es schalten muss, um die Sicherheit in jeglicher Fahrsituation zu gewährleisten und den optimalen Wirkungsgrad zu erreichen? Die Antwort liegt in einem komplexen System aus einer Vielzahl an Sensoren, Signalen und lokalen Steuergeräten wie z.B. dem Motor-, ABS- oder ESP-Steuergerät. All diese gemessenen Werte und Informationen laufen in der Elektronischen Getriebesteuerung (EGS) zusammen und werden dort ausgewertet (siehe dazu Tabelle unten). Im EGS sind zudem die Fahrprogramme gespeichert, die je nach Situation abgerufen werden.

 

So tragen beispielsweise Raddrehzahlsensoren dazu bei eine kurvenreiche Fahrt zu erkennen. Die Kurvenerkennung geschieht durch die Auswertung der unterschiedlichen Drehzahl von Innen- und Außenrädern des Fahrzeugs sowie weiterer Daten, z.B. indem die Längs- und Querbeschleunigung einbezogen wird. All diese Werte werden an das EGS gesendet. Die Steuerung veranlasst dann eine Schaltunterdrückung, sollte eine Beschleunigung vom Fahrer per Gaspedal angefordert worden sein. So bleibt der Wagen stabil auf der Straße, da unnötige Lastverschiebungen verhindert werden.

 

Ein anderes Beispiel ist die Bergauffahrt, bei der die Schaltpunkte in höhere Drehzahlbereiche verlagert werden, falls vom EGS anhand des Motormomentes ausgewertet wurde, dass die tatsächliche Geschwindigkeit des Fahrzeugs geringer als die angeforderte ist. Auf diese Weise werden unerwünschte Pendelschaltungen verhindert.

 

Diese Beispiele deuten die Komplexität nur an, wie die einzelnen Komponenten eines Automatikgetriebes heutzutage miteinander vernetzt sind und wie vielfältig Mechanik, Elektronik und Software für eine korrekte Funktionsweise aufeinander abgestimmt sind. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Komplexität einer Reparatur von Automatikgetrieben erahnen. Schon der Ausfall eines einzigen Sensors kann zu vielerlei Problemen führen, die sich aber an ganz anderer Stelle bemerkbar machen.

 

In diesem Artikel wurde ein Stufenautomatikgetriebe vorgestellt. In den letzten Jahren kamen auch stufenlose Automatikgetriebe (CVT) auf den Markt, die auch in Mittelklassewagen, z.B. bei Audi mit der Multitronic eingesetzt werden.

Wichtige Signale für das Funktionieren eines Automatikgetriebes

Sensor oder Signal Funktion über Effekt
Last- oder Drehmomentsignal

= Motorsteuergerät

über CAN-Bus 

(Controller Area Network)

Datenübertragungssystem

regelt Schaltdrücke und

-anpassungen

Getriebeausgangs-drehzahlgeber

Hallprinzip,

sitzt im Getriebe

 Hauptsteuergröße, nach der das EGS die verschiedenen Schaltstrategien festlegt

Getriebeeingangs-

drehzahlgeber

Hallgeber,

sitzt im Getriebe

erkennt den Drehzahl-unterschied zwischen Motor und Getriebe und steuert die Wandler-Überbrückungs-kupplung an; Aktivieren

der eventuell vorhandenen Standabkopplung
Getriebeöltemperatur

NTC-Widerstand,

sitzt im Steuerblock

EGS passt in Abhängigkeit von der Öltemperatur die Schaltdrücke an; temperatur-abhängige Fahrprogramme (z.B. Warmlaufprogramm); dient als Überhitzungsschutz

Bremslichtschaltersignal

EGS erhält Signal vom Steuergerät des Motormanagements,

über CAN-Bus

Ansteuern der Wählhebel-sperre, der Wandler-Überbrückungskupplung und der Standabkopplung 

ABS- oder ESP-Steuergerät (Elektronisches Stabilitätsprogramm)   

liefert die Information, ob diese Systeme oder das ASR (Antriebsschlupfregelung) im Regeleingriff

Motordrehzahl

Vom Motorsteuergerät

fließt in die Berechnung

für das Regelprogramm der Wandler-Überbrückungs-kupplung und der Standab-kopplung ein

Getriebeöldruckgeber

Membrangeber,

Sitz im Getriebeinneren

(einer oder mehrere)

dient zur Schaltsteuerung und dem Regeln der Überbrückungskupplung

Kickdown-Signal

über CAN-Bus vom Motorsteuergerät, das

es vom Gaspedalwertgeber oder dem Kickdown-Schalter am Gaspedal abgreift

Pedalwertgeber ist nach einen Austausch häufig neu anzulernen beziehungsweise

einzustellen

Fahrstufenschalter  

teilt dem EGS die gewünschte Fahrstufe mit und steuert

die Anlasssperre sowie die Rückfahrleuchte

Quelle: Vgl. „Schalt-faules Getriebe. Was zu tun ist, wenn Automatikgetriebe fehlerhaft ‚schalten und walten‘“, von Torsten Schmidt, in: Krafthand 1-2/2008, S.24 (Tabellen-Inhalte ohne Anspruch auf Vollständigkeit.)

 

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